
Mental Load – Gedankenkarussell in Endlosschleife
Hand aufs Herz: Wie gerecht sind in Ihrer Familie oder Partnerschaft die alltäglichen Aufgaben verteilt? Vielleicht sehen Sie hier Nachbesserungsbedarf, möglicherweise sind Sie aber auch ganz zufrieden. Noch interessanter ist jedoch die Frage: Wie gerecht ist die Organisation der Alltagsaufgaben bei Ihnen verteilt?
Ein bekanntes Problem unter neuem Namen
"Mental Load" (übersetzt "geistige Belastung") heißt ein Phänomen, welches zwar nicht neu ist, aber erst in den letzten Jahren einen Namen bekommen hat. Es beschreibt die Denkarbeit, die nötig ist, um den Alltag entsprechend zu organisieren – also alle Prozesse, die gewöhnlichen Handlungen vorangehen. Hier sprechen wir meist von Kleinigkeiten, die jedoch zusammen einen nicht endenden Gedankenfluss ergeben: Was soll heute auf die Pausenbrote der Kinder? Wer holt die Kleidung aus der Reinigung und wie lässt sich dieser Weg am günstigsten verbinden? Was schenken wir Freunden zur Einweihungsparty am Samstag? Diese Aufzählung könnte beliebig fortgesetzt werden.
"Mental Load" ist oft von der Angst begleitet, etwas zu vergessen und damit das ganze "System" zum Einsturz zu bringen. Stellen Sie sich folgendes Beispiel vor: Ihr Kind nimmt am Morgen seinen Turnbeutel für das Hobby am Nachmittag nicht mit. Das bedeutet für Sie einen Zwischenstopp Zuhause, bevor es für Ihren Nachwuchs mit dem Fußballtraining losgehen kann. Eine wichtige Erledigung müssen Sie deshalb nach hinten verschieben – wodurch Sie den Einkauf nicht schaffen, weil der Supermarkt bereits geschlossen hat. Das Umorganisieren all dieser eng getakteten Aufgaben erfordert ein Neudenken, führt zu weiteren Zeitproblemen und lässt Ihre mentale Belastung steigen.
Das ständige Gedankenkarussell macht es für Betroffene schwer, Entspannung zu finden. Diese ist jedoch notwendig, um im Alltagsstress nicht auszubrennen. Infolgedessen ist "Mental Load" ein ernstzunehmendes Problem, da es langfristig zu psychischen Erkrankungen wie Burn-out und Depressionen führen kann.
Als Team gegen die Belastung
Die gute Nachricht: Gegen "Mental Load" können Sie etwas tun. Und zwar am besten als Team! Das Hauptproblem liegt nämlich darin, dass sich Organisationsaufgaben und Denkarbeiten nur auf eine Person fokussieren, die dann für alle verantwortlich ist. Schaffen Sie es, diese zu verteilen, kann das viel bewirken.
Nehmen Sie sich Zeit und setzen Sie sich als Familie an einen Tisch. Notieren Sie, welche Aufgaben routinemäßig erledigt werden müssen – sei es, die Mülltonnen herauszustellen, den Hund auszuführen oder die Wäsche zu waschen. Wer übernimmt diese aktuell und wer hat im Kopf, was zu welchem Zeitpunkt ansteht? Im Idealfall ist das Verhältnis ausgeglichen. Problematischer wird es, wenn zwar alle mithelfen, aber nur eine Person an die Aufgaben denkt und die anderen stets erinnert. Der- oder Diejenige muss nämlich für alle mitdenken, was zu starkem Stress führt. Verteilen Sie die Zuständigkeiten in diesem Fall neu.
Wer eine der vielfältigen Pflichten übernimmt, ist auch selbst dafür verantwortlich. Das bedeutet: Wer die Mülltonne vor die Einfahrt stellt, denkt eigenständig an den Abholtermin; wer die Kinder zur Freizeitaktivität fährt, hat alles Nötige dafür eingepackt und so weiter. Besonders Familien mit größerem Nachwuchs sollten besprechen, welche Organisationsaufgaben dieser bereits selbst übernehmen kann. Alleinerziehende und andere Personen, die den "Mental Load" nicht so einfach aufteilen können, sollten Unterstützung bei Familie und Freunden suchen.
Damit die Neuaufteilung der Aufgaben auch Entlastung bringt, ist Vertrauen notwendig. Seien Sie bereit, Denkarbeit abzugeben und verlassen Sie sich ruhig darauf, dass diese erledigt wird. Auch, wenn dann vielleicht manches anders funktioniert, als Sie es bisher gemacht haben. Üben Sie sich in Gelassenheit, denn nicht immer muss alles perfekt laufen. Manche Stressfaktoren können Sie auch selbst ausschalten. Schauen Sie sich Ihren Terminkalender an: Welche Verpflichtungen sind notwendig, worauf wollen Sie nicht verzichten – und was kann eventuell gestrichen werden? Planen Sie außerdem genug Zeitpuffer ein. Das nimmt den Druck, immer alles gleichzeitig im Kopf haben zu müssen und lässt Spielraum für Unvorhergesehenes.
Der "Equal Care Day" macht Ungleichgewicht sichtbar
Ob Haushalt, Kindererziehung, Pflege oder die Alltagsorganisation – das alles lässt sich unter dem Oberbegriff "Care-Arbeit" zusammenfassen. Und auch, wenn Erledigungen im Familienleben immer gerechter aufgeteilt werden: durchschnittlich werden immer noch ca. 80 Prozent dieser Arbeiten von Frauen erledigt.
Die Initiative "Equal Care Day" möchte auf dieses Ungleichgewicht aufmerksam machen und fordert seit 2016 mehr Anerkennung für die oft unsichtbare und unbezahlte Arbeit, aber auch für soziale Aufgaben im Beruf. Symbolisch dafür steht das Datum des bundesweiten Aktionstags, der 29. Februar. Ein Tag, der meist übersprungen wird und nur alle vier Jahre im Kalender existiert. Damit wird auch auf das Missverhältnis von 1:4 der Care-Arbeit (80 Prozent Frauen, 20 Prozent Männer) hingewiesen. In den Jahren ohne Schalttag wird der Aktionstag am 1. März begangen.
Kurze Definition
Mental Load bezeichnet die Last der alltäglichen, unsichtbaren Verantwortung für das Organisieren von Haushalt und Familie im Privaten, das Koordinieren und Vermitteln in beruflichen Teams sowie die Beziehungspflege und das Auffangen der Bedürfnisse aller in beiden Bereichen.
Equal Care Day
Mehr Informationen zum jährlich stattfindenden "Equal Care Day" sowie einen Mental-Load-Selbsttest zum Herunterladen gibt es auf der Aktionsseite.