Mutter mit einem Neugeborenen auf dem Arm

Selbstbestimmung in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

Ob lange geplant oder doch unverhofft und überraschend: Die Nachricht, dass sie ein Kind erwarten, ist für die meisten Frauen ein Grund zur Freude. Doch gehen mit der neuen Verantwortung auch viele Ängste und Sorgen einher - Wie wird die Schwangerschaft und die Geburt verlaufen?Schnell kann daraus ein Gefühl der Hilflosigkeit entstehen. Doch der Eindruck, Schwangere wären diesen natürlichen Prozessen nur ausgeliefert, täuscht: Mit einer positiven Grundeinstellung und Willensstärke kann jede Frau etwas dafür tun, dass diese einzigartigen Erfahrung so angenehm wie möglich und nach ihren eigenen Vorstellungen verläuft.     

Ein Kind zu erwarten und schließlich zu gebären, ist etwas Wundervolles und letztlich auch etwas ganz Natürliches. Trotzdem wird die Freude über die neuentdeckte Schwangerschaft oft von Ängsten über den weiteren Verlauf, Schmerzen und Komplikationen unter der Geburt begleitet.
Die hochentwickelte medizinische Versorgung rund um den Geburtsvorgang ist eine große Errungenschaft und sorgt für eine optimale Betreuung des Gesundheitszustandes von Mutter und Kind. Trotzdem sollten Sie als Frau daneben auch in Ihre eigenen Fähigkeiten vertrauen und gestärkt mit dem Wissen umgehen, dass eine Geburt zwar eine Grenzerfahrung ist - aber eine machbare.
Dabei spielen Ihre eigenen Gedanken eine große Rolle. Sind diese positiv, können Sie daraus Kraft und Zuversicht schöpfen. Beispiele dafür gibt es viele: Statt Angst vor der nächsten schmerzhaften Wehe zu haben, kann diese stattdessen als Helfer unter der Geburt  angesehen werden, der Ihr langersehntes Kind wieder ein Stück näher bringt. Ist Ihre größte Sorge ein erneuter Kaiserschnitt bei der nächsten Entbindung, dann fokussieren Sie Ihre Gedanken darauf, dass diese auch die Chance auf eine natürliche Geburt bedeutet. So lassen sich Ängste umwandeln.

Negative Gedanken können hingegen zu Blockaden führen und Ihre Freude rund um die Schwangerschaft beeinträchtigen. Für eine komplikationslose und leichte Entbindung müssen Sie auch im Kopf "loslassen" können. Dabei können Entspannungsübungen, Meditationen oder ein Geburtsvorbereitungskurs helfen: Die erlernten Techniken lassen sich auch unter der Geburt einsetzen und erleichtern diese für Sie und Ihr Kind.

Bei der selbstbestimmten Geburt gibt es nicht den einen Weg: Ob zusätzliche Vorsorgemaßnahmen in der Schwangerschaft getroffen oder lediglich die Routinekontrollen durchgeführt werden, eine natürliche Geburt oder ein Wunschkaiserschnitt gewollt ist, die Mutter im Anschluss stillt oder das Baby mit der Flasche versorgt wird - In einem gewissen Rahmen, der natürlich die Grundbedingungen wie eine Gewährleistung der Versorgung und Pflege sowie den guten gesundheitlichen Zustand von Mutter und Kind berücksichtigt, gibt es ein breites Spektrum.

Eine Geburtsplanung kann Ihnen helfen, Ihre Vorstellungen festzuhalten und eigene Wünsche im Hinblick auf die Entbindung sowie medizinische Versorgung zu formulieren. Da Sie solche Fragen unter den Wehen nur belasten, ist es ein beruhigendes Gefühl, sich einige grundlegende Dinge bereits vorher zu überlegen.

  • Wünschen Sie Schmerzmittel bzw. eine Periduralanästhesie (PDA)?
  • In welcher Position oder mit welchen Hilfsmitteln möchten Sie entbinden?
  • Haben Sie spezielle Wünsche, beispielsweise das Einlagern von Nabelschnurblut?

Der Plan soll Sie darin unterstützen, sich schon vorher intensiv mit dem Thema Geburt auseinanderzusetzen und Ihnen im entscheidenden Moment die Sicherheit vermitteln, dass alles nach Ihren Vorstellungen gehandhabt wird. Davon ist aber nichts in Stein gemeißelt: Sollten Sie in der direkten Situation feststellen, dass sich etwas davon doch nicht richtig anfühlt, müssen Sie nicht daran festhalten. Wenn medizinische Interventionen zwingend notwendig sind, werden diese auch unabhängig vom Geburtsplan durchgeführt.

Auch wenn Sie sich als werdende Mutter positiv auf das Abenteuer Geburt eingelassen und sich mental darauf vorbereitet haben: Eine Garantie für die "Traumgeburt" gibt es nicht. Verkrampfen Sie sich deshalb nicht auf ein bestimmtes Szenario, sondern legen Sie lieber "Eckpunkte" fest, die dann flexibel an die jeweilige Situation angepasst werden können. Bleiben Sie offen für Alternativen! Ist die Geburtenwanne belegt, kommt vielleicht eine andere Gebärposition auf der Matte oder dem Gebärhocker für Sie in Frage.

Für ein Großteil der Frauen ist eine natürliche Geburt die Wunschvorstellung. Doch Komplikationen während der Wehen oder bereits in der Schwangerschaft können medizinische Eingriffe bis hin zum Notkaiserschnitt unumgänglich werden lassen. Für die psychische Genesung nach solch einer gravierenden Erfahrung ist es sehr wichtig, dass Sie dies nicht als Versagen auffassen oder sich Vorwürfe machen. Sie haben alles in Ihrer Macht stehende zur Geburt Ihres Kindes beigetragen – Letztendlich gibt es jedoch Umstände, auf die Sie keinen Einfluss und die Sie nicht zu verantworten haben.

Immer mehr Schwangere nehmen die Leistungen einer so genannten Doula in Anspruch. Darunter versteht man Frauen, welche die Gebärende vor, während und nach der Geburt begleitet und sie seelisch unterstützt. Dies kann entweder allein oder zusätzlich zum Partner oder einer anderen Begleitperson geschehen. Medizinische Hilfe leistet eine Doula, im Gegensatz zur Hebamme, nicht. Sie ist vielmehr dafür da, die Frau in einer Extremsituation zu entlasten, für ihre Wünsche und Vorstellungen einzutreten und Kraft zu spenden.

Der Gedanke dahinter ist nicht neu: Schon immer wurden Frauen während der Geburt von anderen Müttern unterstützt. So ist es eine Voraussetzung für die Ausbildung zur Doula, dass die Anwärterin selbst schon geboren hat und somit eigene Erfahrungen mitbringt. Die Ausbildung erfolgt über Vereine, wie beispielsweise den Doulas in Deutschland e.V. Neben Präsenzveranstaltungen in Form von Kurswochenenden wird sie durch Selbststudium und Fernlehre realisiert.

Der 25. November ist als internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen bekannt. Im Zuge dessen wurde er vor einigen Jahren ebenso zum "Roses Revolution Day" erklärt, an dem auf Gewalt in der Schwangerschaft, unter der Geburt oder im Wochenbett hingewiesen werden soll. Dabei sind unter dem Begriff Gewalt nicht nur direkte Handgreiflichkeiten zu verstehen, sondern auch Eingriffe wie ein Dammschnitt ohne medizinische Begründung und Einverständnis der Frau oder verbale Aussagen, welche die Gebärende unter Druck setzen, Ängste schüren oder sie herabwürdigen.

Oftmals werden diese Erlebnisse in einer Situation, in der die Frauen besonders verletzlich und schutzbedürftig sind, als traumatisch empfunden. Nicht selten sind sie der Ursprung einer Wochenbettdepression oder gestörten Mutter-Kind-Bindung.
Erschreckenderweise kommen solche Geschehnisse auch hierzulande täglich vor – Zeit- und Personalmangel sowie menschliches Versagen sind die Hauptgründe.

Am "Roses Revolution Day" wird von Betroffenen, Angehörigen, aber auch von medizinischem Personal auf diese Missstände aufmerksam gemacht. Wer selbst Gewalt unter der Geburt erfahren hat oder Zeuge davon war, ist an diesem Tag aufgerufen, eine rosafarbene Rose vor die Türen des Ortes zu legen, an dem diese stattfand. Die Aktion gibt es seit 2011, jedes Jahr beteiligen sich mehr Länder und Betroffene daran. 

Nach der Geburt ist die Freude und Erleichterung groß. Doch nicht alles ist so rosa-rot, wie es Medien und das eigene Umfeld vielleicht vermitteln. Mitunter müssen Geburtsverletzungen verheilen, es gibt Probleme beim Stillstart oder der typische Babyblues – unter Müttern und Hebammen auch als "Heultage" bezeichnet – macht sich breit. Auch hier müssen Sie nicht vermeintlich stark sein, sondern können jede Hilfe annehmen, die sich Ihnen bietet. Neben der eigenen Familie und Freunden kann dies vor allem eine Hebamme sein, die Sie unterstützt und Ihnen durch praktische Tipps und Tricks die Sorgen nimmt. Machen Sie sich immer bewusst, dass Sie im Wochenbett nichts leisten müssen – außer Beziehungsarbeit mit Ihrem Baby. Kuscheln, Stillen und das gegenseitige Kennenlernen stehen im Mittelpunkt.
In den meisten Fällen spielt sich das Leben mit Ihrem Neugeborenen nach einigen Wochen ein und auch das kleine Stimmungstief direkt nach der Geburt verschwindet schnell.

Wurde die Geburt jedoch als traumatisch empfunden, ist eine Nachbearbeitung dringend zu empfehlen. Dazu gehören Gespräche über den Ablauf der Geburt, das Anfordern eines Geburtsberichtes oder das Nachholen des erstens "Bondings", wenn dieses beispielsweise aus medizinischen Gründen nicht stattfinden konnte. Ein unverarbeitetes Geburtstrauma kann in einer folgenden Schwangerschaft psychische Probleme hervorrufen, die Mutter-Kind-Bindung belasten oder sogar zu einer postpartalen Depression (Wochenbettdepression) führen. Damit es nicht so weit kommt, ist auch hier die Hebamme Ihre erste Ansprechpartnerin.

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