Wütende Männerfaust vor blauem Hintergrund

Wut – Wenn die Gefühle explodieren

Sie trifft uns meist unvorbereitet und schwappt mit einer Wucht über uns hinweg, die es kaum möglich macht, sie zu unterdrücken: Wut ist eine starke Emotion und als solche nur schwer zu beherrschen. Mal sind wir wütend auf uns selbst, mal auf unser Gegenüber, weil wir enttäuscht werden, uns beschämt oder ausgenutzt fühlen.
Nicht immer ist Wut nur etwas Schlechtes. In einem gewissen Rahmen kann es für die psychische Gesundheit sogar förderlich sein, ihr ein Ventil zu geben. Doch warum werden wir überhaupt wütend und wie können Sie klug damit umgehen? Wir verraten Ihnen interessante Fakten zu dem explosiven Gefühlsausbruch.

Wut ist eine von acht Grundemotionen, die der Mensch in unterschiedlicher Ausprägung fühlen kann – dazu gehören u.a. Freude, Furcht, Traurigkeit oder Überraschung. Wie so vieles in unserer Gefühlswelt ist diese Regung ein evolutionäres Überbleibsel. Man geht davon aus, dass Wut seit jeher wichtig für das Zusammenleben des Menschen in Gruppen war. Das klingt zunächst widersprüchlich, schließlich richtet sich die Emotion meist gegen andere und kann sogar Gewalt nach sich ziehen.

Wer wütend ist,

  • schickt aber auch Warnzeichen an potentielle Gegner, die nonverbal verstanden werden: Von den zusammengekniffenen Augen bis zum angespannten Unterkiefer sagt alles an einem wütenden Gesicht: "Geh mir besser aus dem Weg, wenn du keinen Ärger möchtest!"
     
  • schüchtert andere ein und kann genau damit direkte Konfrontationen sogar verhindern. Da dies natürlich nicht immer gelingt, werden verschiedene Stresshormone ausgeschüttet, sobald unser Gehirn einen Auslöser für Wut registriert. Cortisol, Noradrenalin und Adrenalin lassen den Puls nach oben schnellen und versetzen unseren Körper in Alarmbereitschaft: Er bereitet sich darauf vor, im Ernstfall zu kämpfen oder zu flüchten.

Heute ist all dies nicht mehr notwendig, jedoch lassen sich diese Urinstinkte nur schwer umprogrammieren. Die meisten von uns haben gelernt, ihre Wut im Zaum zu halten und nicht bei jedem Reiz sofort zu explodieren. Eine Ausnahme bilden dabei Kinder und Teenager, denn der Bereich des Gehirns, der für die Impulskontrolle zuständig ist, reift erst relativ spät in der Entwicklung.

Natürlich ist man auch als Erwachsener nicht vor aufwallenden Emotionen gefeit. Alle Gefühle haben ihre Berechtigung und sollten zugelassen werden. Es ist heutzutage vielfach wissenschaftlich erwiesen, dass unterdrückte negative Gefühle zu psychischen Problemen bis hin zu Depressionen führen können. Wer ständig nur alles "in sich hineinfrisst" ist zudem anfälliger für selbstzerstörerisches Verhalten wie Süchte oder Selbstverletzungen. Wut braucht also ein Ventil. Mit ihr richtig umzugehen, will aber gelernt sein.

Auch wenn es noch so schwer fällt: Im ersten impulsiven Moment der Wut sollten Sie versuchen, kurz durchzuatmen und nicht sofort zu reagieren. Sonst besteht die Gefahr, dass Sie jemanden mit Worten verletzen oder einen nicht wiedergutzumachenden Bruch herbeiführen. Ziehen Sie sich, wenn nötig, kurz aus der Situation zurück und klären Sie später mit etwas Abstand, was Sie so wütend gemacht hat. In den Augenblicken, in denen wir rot sehen, ist unsere Wahrnehmung verzogen und wir sind nicht empfänglich für sachliche Argumente. Ein Problem aus der Welt zu schaffen, ist so ein sinnloses Unterfangen, auch wenn Sie das dringende Bedürfnis nach einer direkten Konfrontation verspüren.

Trotzdem muss die Emotion irgendwo hin. Dafür bietet es sich an, Ihre ganz persönliche Strategie zu entwickeln. Manch einer reagiert sich beim Sport ab, andere bringen sich durch Meditation wieder ins Gleichgewicht. Auch das kontrollierte Herauslassen der Gefühle für sich selbst – Schreien, Weinen oder in ein Kissen boxen – wirkt befreiend.

Da sie starke Gefühlsregungen mit sich bringt, ist Wut immer mit Vorsicht zu genießen. In einem buchstäblichen Tunnelblick blenden wir Außenreize aus, so dass gefährliche Situationen im Straßenverkehr oder Haushalt entstehen können. Auch sind wir in wütendem Zustand risikobereiter und lassen uns schneller auf körperliche Auseinandersetzungen ein. Andauernde Wut kann zu regelrechter Aggression werden, die sich dann in Affekthandlungen entlädt. Sollten Sie feststellen, dass Sie dazu neigen, andere Personen anzugehen oder sogar gewalttätig zu werden, ist das ein deutliches Warnsignal! In diesem Fall sollten Sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen und ergründen, woher Ihre unbändige Wut kommt und wie Sie diese regulieren können.

Sicher ist auch Ihnen die Bezeichnung des so genannten "Cholerikers" geläufig: Zwar gibt es keine wissenschaftliche Beschreibung, jedoch betiteln wir damit häufig jähzornige, schnell aufbrausende Personen, denen es schwer fällt sich zu beherrschen und die Ihre Wutausbrüche lautstark kundtun. Dieses Verhalten ist sowohl für seine Mitmenschen als auch den Choleriker selbst schädlich – eine normale zwischenmenschliche Beziehung zu führen, ist unter diesen Bedingungen ein Kraftakt. Arbeiten Sie Ihr Verhalten professionell auf, wenn Sie an sich selbst cholerische Charakterzüge entdecken. Sollte Ihr Partner oder eine andere nahstehende Person zu diesen Ausfallerscheinungen neigen, lassen Sie die Ausbrüche nicht zu nah an sich heran und versuchen Sie, sich von diesen zu distanzieren. Leiden Sie sehr darunter, hilft leider nur eine Trennung oder räumlicher Abstand.

Diese extremen Ausprägungen sind glücklicherweise nicht die Regel. Viel öfter erleben wir in unserem Alltag ganz normale Situationen, die uns zwar wütend machen, die wir aber mit etwas Abstand gut handhaben können. Sehen Sie darin nicht ausschließlich etwas Negatives: Wut zeigt uns deutlich unsere eigenen sowie die Grenzen unserer Mitmenschen auf. Dies hilft, empathisch zu reagieren und die eigene Selbstbestimmung zu wahren. In einem vernünftigen Maß befreit der emotionale Ausbruch von körperlicher Anspannung in Stresssituationen. Ist das Gefühlsgewitter vorüber, sieht die Welt meist schnell wieder ganz anders aus!

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